Drei Probanden (Tabelle 1) haben wir näher unter die Lupe genommen: zum Ersten das allseits bekannte Dropbox [1], Urvater der von Drittanbietern gehosteten NAS-Speicher, dem später beispielsweise Stratos Hidrive oder Ubuntu One folgten, um nur zwei unter vielen aufzuzählen. Zum Zweiten Owncloud [2], eine Softwarelösung, die es erlaubt, einen ähnlichen Service auf heimischer Hardware unter eigener Regie aufzusetzen. Das bietet sich zum Beispiel dann an, wenn Bedenken wegen der Sicherheit, Zuverlässigkeit oder Leistungsfähigkeit des Hosters bestehen, denn bei dieser Variante behält man alles unter Kontrolle, der Server steht im eigenen Rechnerraum. Die dritte Variante schließlich ist in gewisser Weise eine Steigerung der letztgenannten Strategie: Auch hier operiert der Admin auf eigener Hardware, muss aber nicht einmal die Software installieren, denn hier kommt die "Cloud" als Zusatzfunktion einer NAS-Appliance vorinstalliert mit. Als Beispiel dafür haben wir uns die Cloud Station [3] auf einer Synology-Diskstation DS 712+ angesehen.
Tabelle 1
Drei Storage Clouds im Vergleich
Feature | ownCloud | Dropbox | Synology Cloud Station |
---|---|---|---|
Version |
4.0.1 |
- |
Beta |
Dokumentation |
|||
Handbuch |
Install Guide |
Nein |
Nein, eine Seite im DSM Manual |
Wiki, FAQ |
Ja |
Ja |
Nein |
Foren |
Ja |
Ja |
Ja |
Kosten |
Für Hardware und Support (gestaffelt) |
Für Speicher > 2 GByte, volumenabhängig |
Kosten der NAS-Appliance |
Client-Plattformen |
|||
Browser |
Ja |
Ja |
Nein |
Windows |
Ja |
Ja |
Ja |
Linux |
Ja |
Ja |
Nein |
Mac |
Ja |
Ja |
Ja |
Android |
Ja |
Ja |
nein |
Iphone/iPad |
Ja |
Ja |
Nein |
Blackberry |
Nein |
Ja |
Nein |
Verschlüsselung |
|||
auf dem Client |
Nein |
Nein |
Nein |
auf dem Transportweg |
Ja, SSL |
Ja, SSL |
Ja, SSL |
auf dem Server |
Ja, Blowfish |
Ja, AES256 |
Nein |
Suche |
|||
nach Dateinamen |
Im Browser und im Client via OS |
Im Browser und im Client via OS |
Im Client via OS |
nach Metadaten |
Nein |
Nein |
Nein |
Viewer- & Player-Apps im Browser-Client |
|||
Fotos (Galerie) |
Ja |
Ja |
Nein |
Text-Reader |
Ja |
Nein |
Nein |
PDF-Viewer |
Ja |
Nein |
Nein |
ODF-Viewer |
Ja |
Nein |
Nein |
Kalender-Hosting |
Ja |
Nein |
Nein |
Audio-/Video-Streaming |
MP3-Streaming in Browserclient integriert |
Nein (aber mit 3rd-Party-Apps) |
Nein |
Bearbeitungsfunktionen für Dokumente |
Ja, Texteditor |
Nein |
Nein |
Syncing & Sharing |
|||
nur geänderte Dateiteile syncen |
Nein |
Ja |
Nein |
selektives Syncen (nicht alle Ordner auf alle Geräte) |
Ja, im Mobilclient |
Ja |
Nein |
Bandbreitenbeschränkung |
Ja, serverseitig via OS |
Ja, für Up- und Download |
Ja, ab DSM 4.1 |
Quotas für User |
Ja |
Nein |
Nein |
Wiederherstellung älterer Versionen |
Ja |
Ja, 30 Tage |
Nein, nur indirekt, nur 32 Versionen |
Sharing mit fremden Usern ohne Registrierung |
Ja |
Ja |
Nein |
Sync-Status-Anzeige im Client |
Nein |
Ja |
Ja |
API für Programme Dritter |
Ja |
Ja |
Nein |
Anzahl Drittanbieter-Tools |
einige |
reichlich |
keine |
Was bei Dropbox im Vergleich mit den Kontrahenten unmittelbar auffällt, ist die sehr gute Integration in das Client-Betriebssystem: Syncstatus-Anzeigen via Ordner-Icon im Dateimanager (Abbildung 1) und ein Kontextmenü zum Sharen der Inhalte bieten weder Owncloud noch Synology. Den zweiten großen Pluspunkt verbucht Dropbox aufgrund seiner riesigen Community mit mehr als 50 Millionen Anwendern weltweit. Owncloud kommt bis jetzt höchstens auf ein Hundertstel davon. Das schlägt sich in der Anzahl an Tools und Erweiterungen von Drittanbietern und auch im Reifegrad nieder. Selbst für das Mobilbetriebssystem Android existieren neben dem eigentlichen Dropbox-Client noch Dutzende Apps, die bestimmte Beschränkungen aufheben, einzelne Ordner synchronisieren, Musik streamen, Transfers automatisieren oder einfach nur die Dropbox als universellen Speicher für eigene Zwecke nutzen.
Drittens überzeugt Dropbox durch seine Stabilität. Im Unterschied etwa zu Owncloud hat es der Anwender hier mit einer ausgereiften Software zu tun, die Kinderkrankheiten überwunden hat, dafür unter der Haube etliche Schmankerl bietet, etwa Deduplikation, die Synchronisation geänderter Dateifragmente statt großer Files oder das selektive Syncen. Außerdem kommt Dropbox sicher auch sein minimalistischer Ansatz zugute. Außer mit einer Fotogalerie schmückt es sich nicht mit Tausenden Extras, sondern konzentriert sich auf sein Kerngeschäft und überlässt es Drittanbietern, darauf aufzusetzen.
Demgegenüber steht freilich, dass sich der Dropbox-Nutzer in Abhängigkeit von diesem Anbieter begibt – sowohl in Sicherheitsfragen wie auch mit Blick auf die Tarifpolitik. Was der Anbieter verlautbart, kann man glauben oder nicht – überprüfen lässt es sich in der Regel nicht. Und jenseits aller schönen Worte steht fest, dass auch Dropbox nicht unverwundbar ist. Erst kürzlich wurden durch das gestohlene Passwort eines Dropbox-Mitarbeiters zahlreiche E-Mail-Adressen von Nutzern kompromittiert und mit Spam überschwemmt. Dropbox gelobt Besserung und will nun beispielsweise intern eine Zweifaktor-Authentifizierung [4] einführen. Aber niemand weiß, wann ein Hacker eventuell die nächste Schwachstelle mit welchen Folgen ausnutzt.
Eine Reaktion auf die Gefahren einer zu engen Bindung an einen Anbieter ist das Streben nach Autonomie. Hat man den Cloud-Speicher im eigenen Rechenzentrum, behält man die Zügel in der Hand. Eine Lösung, die es relativ einfach möglich macht, die eigene Cloud zu hosten, bietet das Open-Source-Projekt Owncloud.
Auf den ersten Blick macht Owncloud einen begeisternden Eindruck: Es unterstützt mit Linux, Windows, Mac OS X, Android und iOS die wichtigsten Plattformen. Es ist erweiterbar und bringt in Form interner, vorinstallierter Applikationen schon eine Reihe nützlicher Funktionen mit, etwa Audio-Streaming oder das Hosting von Kalendern und Kontakten. Es verlangt nur für Support Geld und ist relativ leicht aufzusetzen, ein gewöhnlicher LAMP-Stack reicht. Allerdings: Freiheit bedeutet auch hier Verantwortung – für Ausfallschutz, Skalierbarkeit oder Sicherheit des Storage muss der Anwender selbst geradestehen.
Der zweite Blick ist etwas ernüchternder: Noch gibt es Lücken und kleine Fehler an ziemlich vielen Orten (Abbildung 2). Wir wollen uns eine kleinliche Auflistung schenken, nur ein Beispiel: Owncloud sortiert sämtliche Audio-Files – darunter beispielsweise auch FLAC-Dateien – im Browserclient unter den Menüpunkt "Musik", kann dann aber davon nur MP3-Dateien auch tatsächlich abspielen. Das mag man noch als seltsames Feature schlucken. Löscht man jedoch physisch unter "Dateien" die offenbar nicht unterstützten Titel im FLAC-Format, bleiben sie unter "Musik" in der Playlist als Untote weiterhin erhalten, selbst nach einem Rescan.
Obwohl schon jede Menge Bugfixes in die von uns getestete nicht mehr allerneueste Version 4.0.1 eingeflossen waren, macht Owncloud durchgängig den Eindruck einer zwar prinzipiell funktionierenden, im Detail aber unfertigen Software. Das fängt bei Kleinigkeiten an, wie dem doppelten Menüpunkt "Beenden" im Linux-Client, setzt sich fort über derbe Darstellungsfehler im Internet Explorer und endet noch nicht bei Sicherheitsbedenken, wie sie der Security-Experte Pascal Junod [5] jüngst gegen die Owncloud-Verschlüsselung ins Feld führte. So stellt sich dasselbe Gefühl ein wie beim Testen einer Beta-Version: Alles sieht schon sehr verheißungsvoll aus, aber es fehlt der letzte Schliff und die Stabilität, die man sich für einen Produktiveinsatz wünschen würde. Wer einen Blick auf die Roadmap wirft, wundert sich nicht mehr sehr: Mehrere Major Releases binnen weniger Monate sind eben nur zu schaffen, wenn man die eigentlich nötigen ausgiebigen Testphasen in stabile Versionen umetikettiert. Nichtsdestotrotz: OwnCloud hat fraglos das Potenzial, sich zu einer sehr interessanten Private Storage Cloud zu entwickeln.