Die vierte E-Book-Konferenz der Akademie des Deutschen Buchhandels diskutierte in München die Perspektiven digitaler Bücher.
"Der Durchbruch der E-Books steht unmittelbar bevor" - das war der Tenor der ersten drei E-Book-Konferenzen der Münchner Akademie des Deutschen Buchhandels. Bei der gestrigen vierten Ausgabe konnte man zumindest anfänglich den Eindruck gewinnen, die Zeit für E-Books sei schon wieder vorbei, noch bevor sie begonnen hatte: Gleich für den ersten Keynote-Sprecher, Jan Henne De Dijn, Geschäftsführer der Verlagsgruppe Langenscheidt, war der Gegenstand der Konferenz nicht mehr als ein Nischenprodukt oder eine Übergangslösung. Stattdessen verlange der Nutzer nach neuen, integrierten Lösungen, die die technischen Möglichkeiten stärker ausschöpften als E-Ink-Displays (das berühmte Head-up-Display in Brillenform kam ins Spiel) und die zudem nicht auf fremde Vertriebskanäle angewiesen seien.
Diese provozierende These hätte sicher nicht jeder der nachfolgenden Referenten unterschrieben und auch die Vertriebszahlen scheinen eine andere Sprache zu sprechen. So vermeldete erst im Oktober der Grossist Libri, er habe in seinem Online-Shop erstmals mehr elektronische als papierne Bücher verkauft. Dennoch aber zog sich der Gedanke wie ein roter Faden durch die Konferenz, dass ein digitalisiertes Buch und ein passables Lesegerät allein nicht reichen und man dem Kunden stattdessen ein ganzheitliches Leseerlebnis bieten müsse, inklusive sozialer Interaktion im Netz, Empfehlungen und Online-Bewertungen, Content-Verknüpfungen oder der Synchronisation von Lesezeichen und Anmerkungen über mehrere Devices hinweg. Wohin das heute bereits führen kann illustrierte Oliver Pux, Leiter Marktentwicklung und Vertrieb digitaler Medien bei Bastei Lübbe. Die dort produzierte "Webnovel" Apocalypsis bettet in ein E-Book interaktiv nutzbare Dokumente, Animationen, Audio-Schnipsel, kleine Spiele, Glossare und sogar Spielfilmsequenzen ein. Die Herstellung verschlang im ersten Anlauf einen sechsstelligen Betrag, soll sich demnächst mit einer weiteren Fortsetzung aber noch amortisieren.
Ein solches Format verlangt natürlich nach einem Multimedia-tauglichen Endgerät, wie es beispielsweise Nina Kreutzfeldt vom E-Book-Anbieter Kobo als Eigenentwicklung vorstellte. Dennoch will das Unternehmen, das Verträge mit mehr als 1000 Verlagen in 25 Ländern hat und fünf Millionen Leser bedient, auch weiterhin E-Ink-Reader verkaufen, deren Besitzer nach hauseigenen Erkenntnissen länger und häufiger lesen und mehr Titel kaufen als Kunden mit Tablet-PCs oder ähnlichen Geräten.
Social Reading - Nutzer tauschen sich im Netz über Gelesenes aus - war ein weiterer Trend, der mehrfach zur Sprache kam. Solche Funktionen schreien förmlich nach dem E-Book als Cloud-Service statt als Dateikopie. Und auch die Verbindung zum Wissensmanagement ist evident. Auch dazu gab es Wortmeldungen. Weitere Vorträge beschäftigten sich etwa mit rechtlichen Fallstricken in den Verträgen mit großen Distributionsplattformen wie Apple, Amazon oder Google, die sich angesichts noch nicht restlos klarer Zukunftsperspektiven von allen Partnern sämtliche Rechte exklusiv zu sichern suchen. Dass der Ausweg hier im Disput liegen könnte, erscheint einem allerdings zweifelhaft, wenn man dann in einem späteren Vortrag hört, dass selbst die Telekom ihre Verhandlungen mit einem solchen Distributor nur abbrechen konnte, nachdem sich keine ihrer Vorstellungen als durchsetzbar erwies. Die E-Book-Distribution war daher ebenfalls ein Diskussionsschwerpunkt. Insgesamt wurde die Konferenz ihrem Motto "E-Books, Tablet Apps und Cloud Reading - Neue Dynamik auf dem E-Book-Markt" mit einem vielfältigen und interessanten Programm gerecht.
Das kostenlose Angebot umfasst zahlreiche aktuelle Bücher für Administratoren und Programmierer.